Hintergrund

Die Multiple Sklerose (MS) ist die häufigste progrediente neurologische Erkrankung im jungen bis mittleren Erwachsenenalter. Ausgehend von Daten des Bundesversicherungsamtes in Bonn sind in der Bundesrepublik ca. 200.000 Menschen an MS erkrankt (Petersen et al., 2014). Eine regional ausgeglichene Verteilung der MS vorausgesetzt, kann man davon ausgehen, dass die Anzahl von MS-Erkrankten in NRW bei 40.000 liegt. Bei bis zu 7% der Erkrankten tritt die MS bereits im Kindes- bzw. Jugendalter auf (Stark und Gärtner, 2010), die Neuerkrankung in dieser jungen Gruppe ist mit 100 bis 200 Fällen pro Jahr angegeben (Stark und Gärtner, 2010). Hier liegen für NRW bisher keine veröffentlichten Daten vor, aber ausgehend von den bundesdeutschen Bevölkerungszahlen und oben genannten Neuerkrankungen im Kindes- und Jugendalter, kann man in NRW von bis zu 45 neuropädiatrischen Krankheitsfällen im Jahr ausgehen. Das ist eine nicht zu unterschätzende Anzahl an Neuerkrankungen.

Das Wissen über MS bei Erwachsenen ist inzwischen relativ hoch, die Erkenntnis, dass MS bereits im Kindes- und Jugendalter auftreten kann, ist jedoch weniger verbreitet. Erst vor 15 Jahren wurde durch die Fachgesellschaft für Neuropädiatrie eine „vorläufige“ Leitlinie über die Diagnose MS und deren Behandlung erstellt. Daher haben Kinderärzte, Neurologen und andere Fachärzte eine mögliche MS bei Kindern und Jugendlichen noch nicht ausreichend „auf dem Schirm“. Für die betroffenen Kinder und Jugendlichen bedeutet dies unter Umständen eine jahrelange Ärzte-Odysee mit Fehldiagnosen und Fehlbehandlungen, die mit sehr hohem Leidensdruck für die jungen Patienten und deren Angehörigen verbunden ist. Steht dann die Diagnose, müssen viele Eltern leidvoll erfahren, dass ihnen keine kompetenten Anlaufstellen in NRW genannt werden können. Das stellt insbesondere solche Eltern vor große Probleme, die aus beruflichen oder privaten Gründen keine Möglichkeiten haben Institutionen außerhalb von NRW zu erreichen.

Auf Basis der beschriebenen Problematik und aus der inhaltlichen Beratungsarbeit der DMSG heraus wurde deutlich, dass ein dringender Bedarf besteht, bei allen Behandlern die Aufklärung zum Thema kindliche MS zu verstärken und für die betroffenen Kinder und Jugendlichen und deren Eltern kompetente Ansprechpartner in der Nähe des Wohnortes sichtbarer und zugänglicher zu machen.